Man spricht Deutsch?

 

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Am 29.07.2001 gab es in der ARD eine Sendung über die deutsche Sprache. Sabine Christiansen hatte eingeladen, und eine illustre Schar Deutsch sprechender Menschen kam zusammen:

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Annette Schavan - Vorsitzende der Kultusministerkonferenz

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Walter Jens - Schriftsteller, Rhetorik-Professor

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Klaus von Dohnanyi - ehemaliger Bundesbildungsminister

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Wolfgang Niedecken - Gründer der Gruppe BAP, Sänger und Songschreiber

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Florian Langenscheidt - Vorstand Duden, Polyglott, Brockhaus

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Feridun Zaimoglu - Schriftsteller, Kultautor „Kanak Sprak“

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Gerd Schrammen - Verein deutsche Sprache

Das Thema hieß: "Man spricht Deutsch - aber wie?" Und alsbald hub eine furchtbare Diskussion an - aber wie! 
Alle hatten sie recht und kaum einer hörte dem anderen zu. 

Sehr zurückhaltend war Annette  Schavan, ständig beseelt von dem Lächeln eines Menschen, der es besser weiß - es uns aber nicht sagen will. Wolfgang Niedecken hätte lieber einige Lieder zur Laute zum Besten geben wollen - sonst blass, aber wenigstens ernsthaft zuhörend!!! Klaus von Dohnanyi ließ den Weltmann heraushängen, während Gerd Schrammen den strammen Deutsch-Hüter mimte. Walter Jens, in seiner bekannten und gewohnten Art, wies hin und wieder mit Beispielen auf die Schönheit unserer Sprache hin, fand aber auch nichts dabei, die Sprache der Jugend anzuwenden. Der gute Florian Langenscheidt hatte zwischen Gerd Schrammen und Klaus von Dohnanyi, der ihm das Amt des Wächters über die deutsche Sprache am liebsten abnehmen wollte, einen schweren Stand. Überragend war dagegen Feridun Zaimoglu, der seine Liebe zur deutschen Sprache zufällig entdeckte und es meisterhaft verstand, sie anzuwenden. Es war durchaus ein Genuss, ihm zuzuhören. Ein Flop dagegen war Sabine Christiansen, die sich u.a. nicht entblödete, das Wort "plaudern" in die Sprachecke von Oma und Opa zu schieben, dem Wort "chatten" aber jugendlichen Elan zuzuschreiben. Wie war noch mal das Thema? Ansonsten war sie wie immer sehr bemüht, keine Diskussion aufkommen zu lassen.

Wie bereits gesagt: Alle hatten recht. Aber nicht, weil sie so kluge Köpfe sind, sondern weil sie ganz einfach und geflissentlich den Kern des Themas ausließen. Einzig Gerd Schrammen kratzte es einmal kurz an als er sagte, die eigentlichen Täter sind dort zu suchen, wo Sprache "unters Volk gebracht" wird - in den Medien und Werbeagenturen. 

Schon immer hatte die Jugend ihre eigene Sprache, mit der sie sich von der Erwachsenen-Welt unterschied. Na und? Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn junge Leute ihre Sprache untereinander sprechen. Wohlgemerkt: Untereinander! Das macht weder unsere Sprache kaputt, noch schadet es ihr. Wenn jedoch der überwiegende Teil der Bevölkerung die Sprache der Jugend spricht, dann ist etwas schief gelaufen. Entweder stimmt es nicht, dass das deutsche Volk an Überalterung leidet, oder die jahrelange Berieselung mit dem Jugendlichkeitswahn hat bereits Früchte getragen: Wir sind ein Volk von Kindsköpfen geworden! 

Ich wehre mich nicht grundsätzlich gegen fremdsprachliche Einflüsse. In einem bestimmten Rahmen sind die völlig normal und durchaus befruchtend. Was aber unsere Sprache kaputt macht, sind die geistigen Tiefflieger, die zwanghaft und bösartig danach streben, gewachsene deutsche Begriffe durch Englisch klingende Wörter zu ersetzen. Und das finden diese Blödmänner dann auch noch schick! Dafür erfinden sie auch völlig überflüssiger- weise eine eigene Sprache, mit der sie uns weismachen wollen, dass der Mensch von Welt ohne sie nicht auskommt: Das Denglish! "Handy" und "Wellness" sind Paradebeispiele dieses in Deutschland erfundenen, weitverbreiteten und auch nur hier verstandenen Unsinns. Die Liste solcher Peinlichkeiten geistiger Ohnmacht ließe sich beliebig verlängern. Und wenn die Deutsche Bahn aus der  Auskunft einen "Service Point" und aus dem Wartesaal einen "Meeting Point" macht, dann ist das in höchstem Maße albern!!!! Aus welchem Grund muss in einer Fernsehwerbung für ein deutsches Produkt, das in Deutschland hergestellt wird und für den deutschen Markt bestimmt ist, ein Werbe-Spot in englischer Sprache gesendet werden? Da ist "AXA - the future - together - now!" für eine Altersvorsorge noch harmlos. Das soll modern sein? Das ist einfach nur bescheuert und zeigt die ganze Hilflosigkeit und Armseligkeit der Macher! 

Damit wir uns aber richtig verstehen: Ich habe nichts gegen fremde Sprachen. Ich selbst spreche leidenschaftlich gern Englisch - dort wo es angebracht ist. Auch habe ich kein Verständnis für meine Landsleute, die bereits seit mehreren Jahrzehnten z.B. in Spanien leben und es bis heute nicht fertig bringen, einen zusammenhängenden Satz in Spanisch zu sprechen. Abartig! 

Wie weit wir aber mit unserer Sprache schon gekommen sind, zeigt mir immer wieder die Frage, die mit dem Wort "Kann" anfängt. Beispielhaft soll hier nur eine stehen: "Kann ich mal 'ne Cola?" 
Was in drei Teufels Namen kann der oder die mit der Cola? Sie ausschütten? An die Wand werfen? Kaufen? Sich kaufen lassen? Trinken? 
Fragen über Fragen - und keine Antwort. Und da sagt man mir, ich brauchte keine Angst um die deutsche Sprache haben! 

Huch! Was war das denn? Habe ich nicht gelernt: Wer "brauchen" nicht mit "zu" gebraucht, braucht "brauchen" niemals zu gebrauchen? Natürlich habe ich das. Und andere auch. Aber weshalb sagt es denn keiner mehr? Und da sagt man mir, ich brauchte keine Angst um die deutsche Sprache zu haben!! Ha!

Sagen Sie jetzt nicht, die Sprache lebt und verändert sich daher ständig. Sie armer Wurm. Für so etwas, wie es heute geschieht, werden in anderen Ländern Attentate verübt und Kriege angefangen. Wenn ich Englisch gelernt haben muss, um mich mit meinen Landsleuten unterhalten zu können, dann hört jeder Spaß auf. Hier wird, systematisch und von einigen geistigen Totengräbern gewollt, die Verwandlung einer Sprache vollzogen. Nennen Sie mir ein Volk auf dieser Erde, welches ohne Not und Zwang seine Identität, Sprache und Kultur aufgibt. Es wird Ihnen nur eines einfallen: Das Deutsche! Das ist das Ergebnis von 50 Jahren Verleumdung alles Deutschen!

Heute habe ich in der Zeitung gelesen, dass im Ausland Sprachkurse für Deutsch kaum noch besucht werden. Na klar, weil die Deutschen doch alle Englisch sprechen. Wer braucht denn da noch Deutsch? Selbst unsere Politiker entblöden sich nicht, im Ausland fast ausschließlich die englische Sprache zu verwenden. Und glauben dabei, wer weiß was und wer sie sind! Dolmetscher brauchen die nur noch, damit sie in der Heimat von ihren blöden Wählern verstanden werden! Noch Fragen?

Sicher ist es nicht lebensnotwendig, von Menschen wie z.B. Schiller, Goethe, Thomas Mann und anderen mehr als den Namen zu kennen. Aber Sie glauben nicht, was Sie an Schönheit und Kraft der Sprache versäumen. Von Kultur ganz zu schweigen. Wenn Ihnen das aber zu blöde ist (Wer braucht schon Kultur, wenn er einen Computer bedienen kann?), merken Sie sich wenigstens die Namen der Journalisten, Werbemänner und anderer, die die deutsche Sprache maßgeblich beeinflussen. Sie werden sie brauchen, wenn Sie sich einmal daran erinnern wollen, wer es schuld ist, dass niemand mehr Deutsch spricht. Und niemand wird sagen können, er habe von nichts gewusst. 

Obwohl das die eigentliche Stärke der Deutschen ist!

Und dann kommt völlig überflüssigerweise am 02.08.2001 in einer Kolumne im Kölner Stadt-Anzeiger ein Schweizer Schriftsteller - also ein sprachlich Heimatloser - daher und faselt davon, dass zwar "jede Sprache brauchbar" sei, die englische sich aber als einzige zum Brauchen und Verbrauchen eignet. Warum schreibt der dann in Deutsch? 

Und so nebenbei outet er die Franzosen als Deppen in Europa, weil sie ihre schöne Sprache nicht "verballhornen" lassen und "nur" Französisch sprechen. Armes Volk! 

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.

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