Seit dem 01. Januar
2002 ist er nun da: Der EURO. Endlich! Wirklich?
Ich war ein großer
Verfechter des neuen Geldes. In jeder Diskussion war ich der
Euro-Befürworter. Immer wieder habe ich die Vorteile, die uns das neue
Geld bringt, erklärt und gegen jeden Einwand verteidigt. Sogar
gegenüber meiner Frau, die zu den Euro-Skeptikern gehörte. Und das
will schon etwas heißen. Es gehören Mut und Entschlossenheit dazu,
wenn man anderer Meinung ist als seine Frau, und das auch noch
öffentlich!!!!
Soweit, so gut.
Nun hat uns (bzw. mich) die
Realität eingeholt. Seit dem 01.01.2002 haben wir den Euro alle im
Portemonnaie und freuen uns, dass wir in Europa kein
"ausländisches" Geld mehr haben. Wieso aber will kein echte
Stimmung aufkommen?
Als der Währungswechsel immer
näher rückte und die Bedenken wegen möglicher Preiserhöhungen immer
lauter wurden, beeilten sich alle Verbände und Vereinigungen zu
versichern, dass ihre Mitglieder alles korrekt nach den Regeln umrechnen
werden. Dass etwas, was früher 1.- DM gekostet hat, in Zukunft 0,51 €
kosten wird - und so weiter. Sogar Ehrenerklärungen wurden abgegeben.
Das hätte mich eigentlich stutzig machen müssen! Das erinnerte mich
fatal an die Aussage Walter Ulbrichts: "Niemand hat die Absicht,
eine Mauer zu bauen!" Und was dann kam, weiß jeder.
In der ersten
Wochen des neuen Jahres war es wohl tatsächlich so:. 1.- DM = 0,51 €.
Aber dann begann die Magie der kleinen Zahlen ihre Wirkung
zu zeigen.
Diejenigen, die etwas zu verkaufen
oder eine Dienstleistung anzubieten hatten, verfielen plötzlich und wie auf ein geheimes Kommando dieser
Magie. Wieso soll etwas, was früher 100 gekostet hat, jetzt nur noch 51
kosten? Und ist "25" nicht weniger als "50"? Na klar
doch, das sieht jeder Blinder. Wie, die Währung hat sich geändert? Na
und? Zahlenmäßig ist 25 eben weniger als 50 - und darauf kommt es an!
Zahlen beherrschen die Welt!
Das für mich beste Beispiel
hierfür ist die Werbung von Baumärkten oder Kaufhäusern für
Unterhaltungselektronik. Ein Baumarkt bietet einen Hochdruckreiniger zum
sagenhaften Sonderpreis an: Früher soll das Gerät 269.- € gekostet
haben, jetzt ist es für 199.- € zu kaufen. Die halten uns doch
wirklich für total bescheuert. Das sind doch dieselben Zahlen wie im
Dezember, nur dass jetzt dort "€" statt "DM"
steht!!! Was aber bis hierhin nur ein Verdacht war, wurde am 23.04.2002
zur absoluten Gewissheit:
Ein bundesweit agierendes
Möbelhaus, welches auf Polstermöbel spezialisiert ist, hatte an diesem
Tag in den Kölner Tageszeitungen ein Werbeblatt verbreitet. Dort war
u.a. ein Holzstuhl mit Metallbeinen zu finden, bei dem aufreißerisch
ein Rabatt von 50% versprochen wurde. Alter Preis: 99.- €, neuer
Preis: 49.- €. Ist das nicht toll? Schade nur, dass ich in der DM-Zeit
in ebendiesem Möbelhaus 4 von diesen Stühlen gekauft habe. Zum
Stückpreis von 99.- DM !!!!!!!!! Das ist ganz einfach kriminell.
Große Lebensmittel-Supermarktketten
- und ich meine wirklich "große" - haben Monate vor dem
Jahreswechsel damit begonnen, die Preise peu á peu zu erhöhen. Dann
wurde ziemlich korrekt umgerechnet. Nach ganz kurzer Zeit wurde in groß
angelegten Kampagnen die Preise jeweils um 0,01 bis 0,03 € gesenkt.
Toll! Damit aber lagen die Preise immer noch um ein gutes Stück höher
als z.B. im September 2001. Vergleichen Sie mal den Warenkorb, den Sie
früher (ich rede hier von ein paar Monaten - nicht Jahren!) für ca.
50.- DM hatten. Also, bei meinem Discounter war der Wagen voll. Und
jetzt kaufen Sie mal für 25,56 € ein. Da können Sie sich aber
schlapp lachen!
Und wenn ich in einer Kneipe für
0,2 l Kölsch sogar bis zu 1,40 € (= 2,74 DM) zahlen muss, dann habe
ich keinen Durst mehr.
Ich habe für meine Modelleisenbahn
ein paar Kleinteile eingekauft. Gott sei Dank hatte ich noch ein altes
Tütchen mit dem DM-Preis drauf: 7,90 DM. Das gleiche Tütchen, ohne
Änderung an Inhalt oder Verpackung, kostet
heute 6,85 €!!!!! Unfassbar. Und eine ungeheure Dreistigkeit
obendrein.
Getoppt wird das nur noch durch die
Unverschämtheit meines Friseurs. Habe ich bis Dezember für einen
Trockenhaar- schnitt (Facon/Scheitel links) mit Bartschneiden 25.- DM
bezahlt, darf ich für die gleiche Leistung heute mal eben 21.- €
berappen!!! Das Geld gebe ich lieber meiner Frau, wenn sie mir an die
Haare geht. Dann hat wenigstens jemand etwas davon, der es auch verdient
hat!
Wieso habe ich seit dem 01. Januar
das Gefühl, ich sei von existenzieller Armut bedroht? Natürlich ist
das übertrieben, aber ich werde dieses komische Gefühl, mir kaum noch
etwas leisten zu können, nicht los. In
meinem Freundeskreis ist es ebenso. Denn es gibt nur eines, was bisher
wirklich konstant geblieben ist: Die konsequente Halbierung der
Gehälter, Bezüge oder Renten. Beim Einkaufen merke ich, wie
zurückhaltend ich geworden bin. Bei jedem Kauf wäge ich ab, ob er denn
wirklich notwendig ist. Das habe ich früher nicht gekannt. Und niemand
scheint etwas daran ändern zu können oder zu wollen.
Und die Politik bzw. die Verbände?
erst im Mai haben sie sich dazu bequemt zuzugeben, dass es so ist, wie
wir es alle fühlen! Die Verbände faseln aber immer noch von
"Einzelfällen"!! Es wird wirklich langsam Zeit, dass sich die Kunden richtig wehren. Sie sollen Geschäfte, von
denen sie meinen, sie würden dort über den Tisch gezogen, unbedingt
meiden. Und wenn mal ein Geschäftsmann wegen seiner unbezähmbaren
Geldgier auf der Strecke bleibt - na und? Es gibt auch andere. Man muss
sie nur finden wollen. Aber das setzt voraus, dass wir alle beim kaufen
nachdenken.
Blasen wir
zur Jagd auf die unverschämten Geldvernichter, wo immer wir auf sie
treffen! Halali!